Montag, 5. April 2010

Ein liebender Mann . Martin Walser

Foto des Tages: "Walser obenauf ..." by Jana Blavius

Anstrengend - anstrengend wie Goethe, anstrengend wie Walser, aber irgendwie gut.

Nach dieser, meiner globalen Einschaetzung des Buches, krame ich das Buch selbst noch einmal raus, damit ich meine Randbemerkungen waehrend des Lesens abschreiben / verarbeiten kann.

Zum Beispiel frage ich mich, ob Walser Goethes eigene Worte hier peotisch und fuer seinen Sinn passend (um)formuliert, einfliessen laesst. Oder ob er selbst diese Worte erfindet.
An einer Stelle schreibt er als Goethe: "Notiert hast Du einmal naseweis und unerfahren: Niemand ist zur Zeit in mich verliebt, ich bin in niemanden verliebt, nur der Tod steht in der Ecke."
Hat das Goethe wrklich mal geschrieben, oder st das eine Schoepfung von Walser?
Sollten diese Worte das Werk von Walser sein, was ich sehr stark ermute, dann kann ich nur sagen, sich so dem Helden, dem fuer viele unnahbarem Goethe, nah zu fuehlen, den Mut zu haben, ihm Worte, Gedanken, eine kleine Geschichte ins Leben zu legen, bedarf einer gewissen eigenen Groesse. Oder ist es das Zwillingsalter?
Zu sehr erwarte ich autobiographisches, da es um den hoheitsvollen Goethe geht. Dabei ist es einfach eine Geschichte mit wahrem Ansatz. Ein Roman und ich sollte das alles nicht so ernst, als historischen Beitrag sehen. Es ist Unterhaltung und wahrscheinlich fuer Walser eine Art der Auseinandersetzung mit seinem Leben. Also entspanne, geniessen, lache!

... spaeter im Buch ...

Es ist angenehm, wie Martin Wasler uns Goethe als Menschen nahebringt und gleichzeitig zeigt, dass dieser schreibend das aus seinem Alltag veraebeitete, was ihn am meisten beschaeftigte, das die intensivsten Emotionen hervorrief - und hier, und immer wieder ist es die Liebe.

Ein wenig irritiert bin ich, als der Autor (war es das erste Mal?) seinen eigenen Titel als Stueck im Buch auftauchen laesst und dabei einen sarkastischen Ton anschlaegt. Meiner Meinung nach passt dieser Abschnitt* ueberhaupt nicht dort hin.

*Zitat S.154 in der Ausgabe des Rowohlt Taschenbuch Verlages:
"Ein liebender Mann
Die Frauen sind das Geschlecht der Sachlichkeit. Ein Mann erlebt alles nur als Stimmung.Als seine Stimmung. Die Frau erlebt immer die Sache. ..."
Hab ich echt Lust, weiterzulesen? Mit solch einer Schreibserei will ich eigentlich nicht meinen Tag verlieren.

Dennoch kaempfe ich weiter. Vielleicht beginne ich, dass was ich eigentlich nie mache und selten kann: Ich lese oberflaechlicher. Ich nehme nicht alles so woertlich. Ich versuche nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.

Trotzdem frage ich mich beim Lesen immer wieder in welchem Verhaeltnis das Geschriebene zu den Orginaltexten steht. Zitiert Ulrike von Levetzow in ihrem Brief an Goethe nach dem Spaziergang zur Diana-Huette den echten Werther-Text? Oder erfindet Walser eine neue Form fuer sich? ... Ich kenne einfach zu wenig die Klassiker.

Die Marienbader Elegie kann ich im Internet ganz schnell finden. Und siehe da es ist der Originatext. Walser scheint nur die ersten beiden Zeilen weggelassen zu haben.

Mit Hilfe der Originaltexte erzeugt Walser seine Stimmungen. Frech benutzt er die Ausdruckskraft anderer Kuenstler. ...
Ich fuehle mich da nicht immer angesprochen. Seine Welt bleibt mir fremd, zu viel Drama. ... eben Goethe. Eben Walser.

Am Ende stimme ich aufatmend der Erloesung zu. Denke: Na endlich. Dieses gefuehl der Bedraengnis hat man ja kaum noch ausgehalten. Endlich wieder ein aufatmen.

Letzte Nachricht
Hier bringt er den eigentlichen Sinn des ganzen wunderbar auf den Punkt:
Die Macht der gesellschaftlichen Normen von Scheinheiligkeit ..., die einem dazu draengt, Wahrhaftigkeit im Innern zu verschliessen, um unverletzbar zu sein.

Links zum Thema:
- Marienbader Elegie bei Zeno.org
- Ein liebender Mann von Martin Walser bei Amazon.de kaufen
- Rezessionen ueber das Buch auf perlentaucher.de

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