Sonntag, 29. Mai 2011

Wir haben gar kein Auto ... Jutta Speidel und Bruno Maccallini

Foto des Tages: Lesestunde auf sonniger Terasse by Jana Blavius.Foto des Tages: "Lesestunde auf sonniger Terasse" by Jana Blavius.

Neugierig beginne ich das Buch ueber die Radtour der zwei, zwar nicht mir, aber Fernsehguckern bekannten Schauspieler. Ueberrascht bin ich, als ich bemerke, dass die beiden Erzaehler ganz ihrer unterschiedlichen Natur und verschiedenen Nationalitaet folgend, das Buch in solche eigenen Abschnitte eingeteilt haben. Nach einer kurzen Beschreibung des Weges, kommt erst Jutta Speidel und dann Bruno Maccallini jeweils zu Wort, um die Erlebnisse des einzelnen Tages zu beschreiben.

Dieses ungewoehnliche Konzept macht mir das Buch irgendwie unsympathisch. Zu deutsch kommt die organsierende Deutsche, zu italienisch der weltmaennische Italiener rueber. Keinem fuehle ich mich verbunden. Ein bisschen interessanter finde ich das ueber Kultur und Leben sinnierende Gemuet des Langsamen.

Gedanken wie "Muss sie so zielstrebig forsch sein?" oder "Diese Macho-Aktion haette er sich sparen koennen!" begleiten mich ueber die ersten Seiten. Als ich die Frauen-Seite-Schilderung des ersten Tages gelesen habe und mich nun der Mannes-Seite widmen soll, bin ich fast geneigt, das Buch zur Seite zu legen. Muss ich mir jetzt immer zweimal anhoeren, wie der Tag verlief? ...
Naja ein wenig neugierig bin ich dann doch, wie der Herr der Tour die erste Etappe empfand. Und siehe da, in seiner Beschreibung ging es nicht um Kilometer, Ortsnamen und Tourfakten gespickt mit einigen persoenlichen Empfindungen. Er schweift hinein ins Land und nimmt das als Anlass in seine Gedanken, in Kultur und Geist einzutauchen. Nicht immer sympatisch und doch wunderbar ergaenzend schreibt er ueber die Erlebnisse an der Strecke. ... Und ehe ich mich versehe habe ich schon zwei Drittel des Buches gelesen.


Nach und nach wird mir bewusst, dass die beiden es genau richtig gemacht haben. In wunderbarer Weise ergaenzen sie sich - im Leben (so sie sie mir den Einblick ins Persoenliche erlauben) und im Buch. Ein Part koennte nicht ohne den anderen sein.

Die Organisatorische sorgt fuer den reibungslosen Ablauf der Touren, sorgt fuer das Ueberleben und ... - irgendwie suche ich nach einer positiven Formulierung, die dieser Seite gerechter wird, die auch das liebevolle, romatische der Frau zu Ausdruck bringt. Doch leider gelingt es mir nicht, das in ein passendes Eigenschaftswort zu fassen. Also lasse ich das offen. Das soll jeder durch das Lesen des Buches selbst erkunden.

Der Theatralist sorgt fuer Unterhaltung und Reibung. Amuesant laesst er mich an seiner Sicht auf das Sture und Stolzsein in beiden teilhaben. Offenbart menschliche Unzulaenlichkeiten auf sympatische Art.

Einer waere ohne den Anderen langweilig. Ohne das Organisatorische waere das Buch kein informatives Werk. Ohne die vertraeumten Seiten waere es nur ein weiterer Reisefuehrer. Zusammen sorgen sie fuer Unterhaltung und Information, die den Reiz ausmachen. Im Buch wie im Leben. Erst die Mischung beider ergibt das Ganze.

Es ist toll zu erles(b)en, wie sich kraftvoll-zickge und langsame-sture Blitzes-Energie verschiedner Geschlechter, verschiedener Kulturen und Gemueter vereinen und abseits von Vorurteilen und Gewohnheiten ihre eigene Harmonie erschaffen koennen.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Ruhm – Ein Roman in neun Geschichten . Daniel Kehlmann

Foto des Tages: "Schreibtisch-Buch - forever" by Jana Blavius

Ein angenehmer Schreibstil laesst mich gleich bei der ersten Geschichte mitfiebern. Natuerlich glaube ich dem Helden. Ich weiss ja, wie da Draussen gearbeitet wird. .... Nicht bei mir. Grins. Ich gehoere nicht zu den Schluderjahnen und Aufschiebern. Ich bin eher eine der gewissenhaften, flotten Sorte, die dennoch nicht zum Kruemelkacker werden. Soweit mein Eigenbild. Grins.

Aber zurueck zum Buch.
Voller Humor erzaehlt Daniel Kehlmann seine scheinbar unabhaengigen Geschichteueber kommunizieren per Technik. Anfangs glaube ich, noch alles im Blick zu haben. Nach und nach wird es komplizierter. Nach und nach erkenne ich Verknuepfungen. Nach und nach ... bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Dann frage ich mich, hatte ich diesen Namen nicht schon eher in einem anderen Teil des Buches gelesen? Ist mir diese person nicht schon einmal begegnet? Und ab und zu beschleicht mich das Gefuehl, dass die Logik nicht einer nachvollziehbaren Realitaet folgt. Der Plan ist wirr. Wer gehoert wohin? Wer trifft wen, wer kennt wen, wo liegen Ursachen, wo Wirkungen? Alles keine Fragen, die im Buch gestellt werden, sondern mir in den Sinn kommen, um Ordnung, Sinn und einen Ueberblick in das Geschichtengeflecht zu bekommen.

Irgendwann kommen mir eigene Idee, wohin mich der Auto fuehren will. Doch immer wieder ueberrascht er mich mit neuen Geschichten, seiner eigenen Unlogik folgend.

Auch am Ende:
Eigentlich haette er sterben muessen, denn dann gaebe es keinen Schreibenden mehr und logischerweise muesste das Buch dann enden. Aber wieder einmal wartet Daniel Kehlmann mit einer anderen Idee auf. Mit einem unerwartetem Ende. Mit einem unspektakulaeren Aufhoeren. Einfach so. Verwobenes loest sich in Luft auf. Komplex erdachte Geschichten sind ploetzlich einfach zu Ende.

Wunderbar konstruiert und unterhaltsam.

Kritische Stimme zum Buch:
"Sudoku ist kein Roman" von Lothar Müller,16.01.2009
http://www.sueddeutsche.de/kultur/daniel-kehlmanns-neues-buch-ruhm-sudoku-ist-kein-roman-1.478263